
Ich wache auf, es wird dunkel. Ein Sturm zieht auf. Regen beginnt zu fallen und die Hektik in den Menschen kommt auf. Jeder will Schutz suchen, sich nicht dem Unwetter stellen. Es ist die Angst vor Gefahr, vor dem Nasswerden, vor Blitz und Donner, der uns antreibt in sichere Gefilde zurückzukehren. Dieser kleine reinigende Naturstreich ist ein Grund dafür zu erkennen, wie sehr wir von unseren Urtrieben gesteuert werden. Die höchste Wahrscheinlichkeit, was passieren könnte ist, nass zu werden, und das bei 20°C Außentemperatur, was nach dem heißen Tag einer Erfrischung gleicht. Der Donnergroll macht es nur bedrohlicher, wir fürchten uns vor einschlagenden Blitzen, die aber viel wahrscheinlicher Bäume und Gebäude treffen als uns in der Stadt. Also rational gesehen – wovor haben wir Angst?
Ein Lächeln macht sich auf meinem Gesicht breit, für mich ist das ein ideales Wetter. Die Dunkelheit, die Ruhe bedeutet. Der Regen, der die Reinigung durchführt. Das Gewitter, das ein leuchtendes Schauspiel zaubert und vom Donnern in die Ruhe zurückkehrt. Ich ziehe meine Jacke und die Regenhose an und beginne mit innerer Gelassenheit nach draußen zu gehen. Die ersten Regentropfen streifen mein Gesicht, eher der Wind diese beschleunigt und mir die Sicht raubt. Ich versuche nicht dagegen anzukämpfen, denn dadurch konzentriert man sich auf andere Sinne. Ich höre ein Rumpeln, ein Dachziegel löst sich und ich kann aus dem Augenwinkel und vom Lärmecho erkennen, wo er landen wird.
Er schepperte fünfzig Meter vor mir auf den Boden. Hätte er auch mich treffen können ? Natürlich. Doch durch die Achtsamkeit kann ich mich und die Umgebung besser wahrnehmen, darauf reagieren, ausweichen. Es gleicht mit achtsamen Denken und Handeln eher der Wahrscheinlichkeit vom Blitz getroffen zu werden.
Meine Schuhe saugen sich mit Wasser voll und ich beginne auf Wasser zu gehen. Es ist erfrischend, kühl und durch die Bewegung nicht kalt. Der Regen peitscht durch die Jacke hindurch und durchtränkt das Innenfutter, breitet sich darin aus, aber das ist gut so. Ich fühle die Kälte des Wassers an meinen Armen und nehme sie an. In mir ist die Ruhe eingekehrt – bei der Hektik des Wetters lässt die Hektik des Alltags und das Gewusel vieler Menschen nach. Es ist die Ruhe im Sturm. Und diese Ruhe gilt es nicht nur bei Wetterextremen, sondern auch im Leben zu finden. Es ist ein Teil der stoischen Philosophie, der Gelassenheit in Extremsituationen. Hast du diese erst einmal erlernt, wird dich so schnell nichts mehr aus der Bahn werfen. Du verlierst die Angst vor vielen Dingen, du lernst zu akzeptieren. Physisch durch einen Sturm zu gehen lehrt dich, die Außenwelt mehr zu spüren und dich innerlich auf das Chaos von außen einzustellen.