Gastbeitrag eines Mitglieds von

Seit Menschengedenken erachten die Menschen Glück als eines der höchsten Güter. Zahlreiche Bücher, philosophische Abhandlungen, Ratgeber oder wissenschaftliche Sachbücher legen Zeugnis davon ab. Wissenschaft und Forschung beschäftigen sich damit, welche Kriterien eine Rolle spielen, welche Umstände es ermöglichen, glücklich zu sein. Die Glücksforschung boomt. Die Sehnsucht nach Glückseligkeit oder einfach nach Glück, ist so alt wie die Menschheit, die Schriften der Philosophen Aristoteles, Sokrates, Seneca, Platon, und anderen mehr, haben nach wie vor nichts an Gültigkeit eingebüßt. Was ist nun „Glück“? Die Definition laut Duden lautet: Glück ist ein Gefühlszustand, in dem man große Freude oder Befriedigung erlebt. Es wird unterschieden zwischen dauerndem, kurzem, stillem, tiefem, ungetrübtem, auch verlorenem Glück.
Kann man damit etwas anfangen? Die Antwort ist zunächst einfach: Glück ist nichts als ein Wort, also Schall und Rauch. Entscheidend ist, welche Bedeutung ihm gegeben wird. Und diese Bedeutung scheint durch die Zeiten und von Kultur zu Kultur veränderlich zu sein. Anhand der wechselnden Bedeutungen im Laufe der Zeit könnte sogar eine eigene „Geschichte des Glücks“ geschrieben werden. „Glücklich leben wollen alle“, diese Beobachtung machte schon im 1. Jahrhundert n. Chr. Seneca mit seinem Buch “De vita beata“, das Buch über das glückliche Leben. Der Philosoph Wilhelm Schmid nannte es das „Glück der Fülle“, Aristoteles „eudaimonia“, das gelungene, besser: das erfüllte Leben
Aber Glück war nicht immer vorrangiges Ziel der Menschen, vor allem dann nicht, wenn es hauptsächlich ums Überleben ging. Es war lange Zeit verpönt, das Glück im Diesseits zu suchen, wo es doch, so der Glaube, im Jenseits zu finden war. Und wenn es um das diesseitige Glück geht, auf welche Art und Weise wollen wir glücklich sein, wo doch die Vorstellungen davon unterschiedlicher nicht sein können. Gibt es überhaupt eine für alle Menschen gleichermaßen geltende Definition von Glück? Empfindet nicht jeder Mensch anders, bzw. braucht andere Voraussetzungen, um glücklich zu sein? Die Wahrheit ist: Es gibt keine verbindliche, einheitliche Definition des Glücks. Jeder Mensch legt letztlich für sich selber fest, was Glück bedeutet.
Lange Zeit wurde irrtümlicherweise angenommen, Reichtum und Wohlstand seien sichere Garanten zur Erreichung von Glück. Dass dem nicht so ist, ist mit vielen Beispielen belegt worden. Lottogewinner waren nach kurzem Ansteigen ihres Glückszustandes nach einiger Zeit wieder auf dem gleichen Glückspegel wie vor dem Gewinn. Auch reiche Gesellschaften werden nicht glücklicher, wenn sie immer reicher werden. Das Gegenteil tritt oft ein. Durch mehr Geld sind wir weniger auf soziale Kontakte angewiesen, Konsum befriedigt scheinbar manche Bedürfnisse, doch der Schein trügt, weder Wirtschaftswachstum, noch Konsumdenken tragen dauerhaft zur Glückssteigerung bei. Menschen aus der ehemaligen DDR bestätigen, dass trotz Mangelwirtschaft, oder gerade deswegen, das soziale Gefüge, Nachbarschaftshilfe, der Zusammenhalt, das Kümmern um sozial schwache Menschen viel stärker ausgeprägt waren, und dadurch auch das Wohlbefinden und das Glücksempfinden des Einzelnen.
Francois Lelord, ein Psychiater aus Paris macht sich auf die Suche nach dem Glück, er schließt 1996 seine Praxis, geht auf Reisen, ist viel in Asien, lebt ein Jahr in Kalifornien und fasst seine Erkenntnisse in dem Buch „Hectors Reise oder die Suche nach dem Glück“ zusammen. In mehr als 20 Lektionen beschreibt er, was für viele Menschen Glück oder auch Unglück bedeuten. In praktischen Erfahrungsbeispielen bringt er die Dinge auf den Punkt. Auch hier ist herauszulesen, wie individuell Glück empfunden wird, was Glück für den einen ist, ist es noch lange nicht für jemand anderen. Dennoch kann man behaupten, dass der Tenor des Ganzen, emotionale Aspekte sind, es geht um Liebe, um Beziehungen der Menschen zueinander, um Respekt, um Freunde, um Freiheit, um Sichtweisen.
Auch die Medizin beschäftigt sich schon seit langen sehr intensiv mit der Frage, was den Menschen glücklich und damit auch gesund macht. Der Mensch wird nun, im Gegensatz zum letzten Jahrhundert, als Einheit gesehen, es ist nicht mehr möglich nach rein körperlichen bzw. rein seelischen Erkrankungen zu trennen. Ein unglücklicher Mensch ist meist auch ein kein gesunder Mensch. Psychosomatische Erkrankungen, Burn-out, Depressionen prägen das Bild unserer Zeit. In den nächsten Jahren werden sich die Menschen, die an Depression leiden, verdoppeln. Schon jetzt richten diese Erkrankungen mehr volkswirtschaftlichen Schaden an als Aids, Krebs und Kriege zusammen.
In der Biochemie des Gehirns lassen sich verschiedene Arten von Glück unterscheiden, jede unterstützt von verschiedenen Botenstoffen wie Serotonin, Dopamin, Nordrenalin, Adrenalin, Oxytocin und viele andere. Alle Erfahrungen, auch Gefühle wie Glück, Traurigkeit oder Angst hinterlassen ihre Spuren im Gehirn. Die Kontaktstellen zwischen den einzelnen Nervenzellen, die Synapsen, verstärken sich, neue Nervenbahnen werden gebildet, genau das ist es, was wir als Lernen bezeichnen.
Somit taucht auch die Frage auf, ob Glück erlernbar ist.
Mit nachhaltiger Übung, asketischer Anstrengung in Disziplinen wie Yoga, Qi Gong und ähnlichem, lassen sich Voraussetzungen für das Glück erlernen, was allein für sich noch nicht Glück bedeutet. Durch ständiges Wiederholen, das ein Wesenselement dieser Übungen ist, wird die Ruhe geschaffen, auf deren Basis es erst möglich ist, nachhaltig Glück zu empfinden.
Die Erfolge verschiedener Therapierichtungen haben gezeigt, dass es durchaus möglich ist auch mit Gefühlen umgehen zu lernen. Glück oder Unglück bedeutet oft nur eine Sichtweise der Dinge, eine Bewertung.
Man kann Erfahrenes bearbeiten, an der Sicht der Dinge arbeiten, neue Denkweisen und Verhaltensweisen erlernen. Dabei geht es nicht so sehr um die richtige Methode, es geht um die Beziehung zum Therapeuten als Mensch. Auch Freunde oder die beste Freundin, der beste Freund können gute Therapeuten sein. Es geht um Zwischenmenschlichkeit, um Verstehen, um Verstanden werden, um Engagement, um Liebe in einer erweiterten Form, der Liebe zu den Menschen, zur Natur, zu den Tieren, zu den Dingen. All-umfassende Liebe hat viel mit Glück zu tun, mit Empfindsamkeit, mit Offenheit, mit Aufgeschlossenheit und wieder mit Sichtweise.
Auch das Wort „Glücksfähigkeit“ taucht auf. Sind wir nicht mehr fähig, Glück zu empfinden. Was nützt uns eine ganze Welt voller Schönheit und Glück, wenn wir nicht in der Lage sind, zu empfinden und anzunehmen. Und auch zu teilen. Mark Twain schrieb, „Um den vollen Wert des Glücks zu erfahren, brauchen wir jemand, um es mit ihm zu teilen“.
Egal, welchen Forscher man fragt, die sozialen Beziehungen sind einer der wichtigsten Schlüssel zum Glück, vielleicht sogar das Einzige, worauf sich alle einigen können. So sagt George Bonanno von der Columbia University in New York, Leute, die über ein großes soziales Netzwerk verfügen, lachen häufiger, sind widerstandfähiger und sind glücklicher. Einer der wichtigsten Faktoren für die Lebenszufriedenheit sei, dass neben der Arbeit genug Zeit für Familie und Freunde bleibe.
Aber kann man die Fähigkeit, innige Beziehungen zu knüpfen, lernen? Gehört sie nicht zur Persönlichkeit und liegt damit in den Genen und in frühen Kindheitserfahrungen begründet? Schließlich könnte man manche Ergebnisse auch anders herum lesen: nicht wer mehr Freunde hat, lacht öfter – sondern wer öfter lacht, hat mehr Freunde.
Dazu der Lebenslauf von Godfrey Camille. Er war einer von hunderten von Teilnehmern der Harvard-Studie über Glück von George Vaillant. Godfrey’s Kindheit war eine der trostlosesten aller Studienteilnehmer. Die Eltern entstammen der Oberschicht, seien sozial isoliert und krankhaft argwöhnisch gewesen. So nahm das Leben von Godfrey seinen Lauf: Medizinstudium, Hypochondrie, Selbstmordversuch, einen geplatzte Verlobung, Tuberkulose, 14 Monate Krankenhaus. Doch plötzlich kam die Wende, Dr. Camille heiratete, wurde Vater, übernahm die Leitung einer Klinik, kümmerte sich um andere. Von 15 bis 50 war Godfrey’s Leben eine Katastrophe, von 75 bis 85 war er ein Star. Als man ihn fragte, was sein Leben verändert habe, antwortete er: „Liebe“.
Eine lieblose Kindheit verdammt uns nicht für immer. Vielmehr werden wir unser ganzes Leben lang durch die Beziehungen zu geliebten und uns liebende Menschen geprägt. Schwierige Umstände machen uns oft sogar stärker, sensibler und liebesfähiger. Glück und Liebe sind schwer voreinander zu trennen. Glück ist Liebe.
Ute Kunzmann, Entwicklungspsychologin von der Universität Leipzig kennt sich im Gefühlsleben älterer Menschen aus, hat es in zahlreichen Studien erforscht. Man sollte doch meinen, dass der Verlust an Lebenszeit, an Gesundheit, der Verlust von Freunden unglücklich mache. Stimmt nicht, ältere Menschen sind durchwegs glücklicher als Menschen in der Lebensmitte. Die Gefühle flachen im Alter keineswegs ab, wie oft vermutet wird. Ältere Menschen reagieren mehr auf das Positive, haben oft gute Strategien entwickelt, um Probleme zu bewältigen. Zudem stehen sie nicht mehr unter Leistungsdruck und Konkurrenzverhalten. Vor allem aber hatten ältere Menschen ihr ganzes Leben lang Zeit, zu lernen, mit ihren Gefühlen umzugehen, auch mit den schwierigen. Vielen gelinge das offenbar sehr gut, sagt Kunzmann. Auf ihr Leben zurückblickend, betonen sie eher die schönen Dinge.
So ist aus dem Nachlass einer 82-jährigen Landwirtin zu lesen:
“Wenn ich mein Leben nochmal leben könnte, würde ich mir nicht mehr so viele Sorgen um Kleinigkeiten machen, … ich würde mir öfter Zeit nehmen für die Menschen und die Dinge, die mir wirklich wichtig sind, … ich würde mich öfter auf die Hausbank setzten und zu den Sternen am Himmel schauen, ich würde öfter über die Wiesen und Felder gehen, die Sonne spüren und den Wind und den Schnee im Gesicht, ich würde öfter lachen und auch weinen, ich würde meine Gefühle wichtiger nehmen,…“
Ein weiterer Aspekt eines glücklichen Lebens ist, sich nicht mit Anderen zu vergleichen. Jeder Mensch ist einzigartig, mit einmaligen Fähigkeiten, die es zu nutzen gilt. Es macht nicht glücklich, wie jemand anderer sein zu wollen, etwas haben zu wollen, was andere haben oder etwas zu können, was andere können. In der alten St. Pauls-Kirche in Baltimore hängt ein Text eines unbekannten Verfassers, hier ein Auszug: „Wenn du dich mit anderen vergleichst, könntest du bitter werden und dir nichtig vorkommen, den immer wird es jemanden geben, größer oder geringer als du. Freue dich deiner eigenen Leistungen, wie auch deiner Pläne. Bleibe weiter an deinem eigenen Weg interessiert, wie bescheiden auch immer. Das ist ein echter Besitz im wechselnden Glück der Zeiten“.
Und dann gibt es auch noch die Geschichte von Herrn Andreas, der an das Himmelstor klopft, Gott öffnet ihm, und Herr Andreas beklagt sich lautstark, warum er nicht in den Himmel dürfe, er habe alle Gebote beachtet, habe christlich gelebt, habe sein ganzes Leben versucht, wie Gott zu sein, da schüttelt der Herrgott traurig den Kopf und sagt, „Warum warst du nicht einfach nur Andreas? Ich habe dich einzigartig gemacht.“
Konkurrenzdenken und Wettbewerb machen nicht glücklich, so Soziologin Hilke Brockmann. Das deckt sich auch mit Francios Lelord‘s Aussage.“Rivalität ist ein schlimmes Gift für das Glück.“ Sieht man sich den Wettbewerb am Arbeitsmarkt an, Wettbewerb um Schönheit, um Geld und Ansehen. Wie soll unsere Gesellschaft da glücklich sein. Leistungsdruck schon in der Schule, oft schon im Kindergarten. Wir sollten immer höher, besser, schneller sein. In wirtschaftlichen Bereichen geht es oft nur mehr um Gewinnmaximierung, egal welchen Preis die Menschen letztlich dafür bezahlen müssen. Derzeit zahlen Menschen in den ostasiatischen Ländern den höchsten Preis, wo sie und ihre Kinder die Dinge zu Billiglöhnen für Europa produzieren.
Gier und Angst sind große Hindernisse zum Glück, die Angst nicht genug zu bekommen und die daraus resultierende Gier.
„Die Welt hätte genug für jedermanns Bedürfnisse, aber nicht genug für jedermanns Gier“ (Mahatma Gandhi)
Auch dazu gibt es eine schöne Geschichte über Himmel und Hölle. Man kann Himmel und Hölle auch anstelle von Glück und Unglück setzen:
Eine Frau kommt zu Gott und möchte die Hölle und auch den Himmel sehen. Der Herr nimmt sie bei der Hand und führt sie in einen großen Raum. Ringsum Menschen mit langen Löffeln, in der Mitte ein Kochtopf mit einem köstlichen Gericht. Aber die Menschen sehen mager, blass und elend aus, sie können das Essen mir ihren langen Löffeln nicht zum Mund führen. Die beiden gehen hinaus und auf die Frage, was für ein seltsamer Raum das sei, antwortet Gott: „die Hölle“. Sie betreten einen zweiten Raum, alles ist genauso wie im ersten Raum. Die Menschen schöpfen mit ihren langen Löffeln aus dem Topf und sie sehen gesund, kräftig und glücklich aus. Als die Frau genauer hinsieht, bemerkt sie, dass die Menschen sich gegenseitig mit den langen Löffeln füttern. Da weiß die Frau, wo sie ist.
Auch in diesem Punkt stimmt Lelord zu, indem er sagt, Glück sei, wenn man spürt, dass man dem anderen nützlich ist und er stellt die Frage, ob es nicht auch Glücksein kann, wenn man sich um das Glück der anderen kümmert.
Wir Menschen sind soziale Wesen, herzliche, innige Beziehungen sind die wichtigste Voraussetzung für ein gutes, glückliches Leben. Es ist sehr schwer in Einsamkeit dauerhaft glücklich zu sein.
Das Streben nach Glück ist uralt, aber eine generelle Formel, um Glück zu erlangen, konnte nicht gefunden werden und die wird es wohl auch nicht geben. Negative Auswüchse der Suche nach Glück sind in der modernen Spaß- und Erlebnisgesellschaft zu finden. Nicht, dass dies grundsätzlich verwerflich wäre, das Problem ist nur: diese Art von Glück hält nie lange vor. Auch der größte Spaß wird nach einiger Zeit langweilig, es muss immer wieder etwas Neues, Besseres, Aufregenderes gefunden werden. Das führt mit der Zeit zu einer gewissen Abstumpfung, feine, zarte Empfindungen können nicht mehr wahrgenommen werden. Schon Kinder werden mit Computerspielen zugeschüttet, wo der letzte „Kick“ dann nur mehr Gewalt ist, und auch die, immer gröber und blutrünstiger. Mittlerweile sind diese Spiele schon auf dem Smartphone zu haben, in den Schulpausen wird nicht mehr miteinander gesprochen, es werden die coolsten Spiele gezeigt.
Eine weitere Suche nach dem Glück, eine eher verhängnisvolle Suche, ist in der Drogensucht zu finden. Sucht kommt von „suchen“. Wenn es nicht mehr gelingt, Glück in der Familie, im Freundeskreis, in einer sinnvollen Beschäftigung zu finden, bleibt oft nur die Flucht in die Drogenabhängigkeit. Es ist die Suche nach dem ultimativen Erlebnis, teilweise vorgegaukelt durch Werbung, Zeitgeist, Medien. Ein „Glücksweltbild“, das es in der Realität einfach nicht gibt.
Seit einiger Zeit gibt es in manchen Schulen das Unterrichtsfach „Glück“. Der Heidelberger Ernst Fritz-Schubert hatte dieses Fach 2007 an seiner Schule eingeführt. Im deutschen Sprachraum arbeiten mittlerweile über hundert Schulen nach dem Konzept von Fritz-Schubert, allein in der Steiermark hat die Pädagogische Hochschule 78 Glücksschulen eingerichtet. Fritz-Schubert hatte die Inspiration vom Wellington College, einer britischen Privatschule im Südwesten von London, die seit 2006 „Well-being“ unterrichtet. Glückliche Schüler lernen leichter, gehen lieber in die Schule, haben bessere Leistungen. Zudem sei zu beobachten, dass die „Glücksschüler“ mündiger seien. Darüber hinaus entwickeln sie ein stärkeres Selbstbewusstsein und ein auf Erfahrung beruhendes Vertrauen, Ziele erreichen zu können. Auch schulische Gewalt- und Drogen-Präventionsprogramme arbeiten mit ähnlichen Methoden wie die Glückspädagogen, und das mit Erfolg. Ebenso wird das Konzept in glückspädagogisch unterversorgten Bereichen wie Reha-Kliniken und Kinderheimen angewendet, aber auch im Fußballverein und andere Sportvereinen.
Ein Zauberwort in der Glücksforschung ist Flexibilität. Wer die Ungereimtheiten des Lebens besser annehmen kann, der ist glücklicher. Es kommt darauf an, dass das Verhalten zur jeweiligen Situation passt. Wenn man daraus einen Glückstipp ableiten kann, dann diesen: „Sei flexibel“ Glück liegt im Annehmen können, im Akzeptieren, in der Freiheit, etwas so sein lassen zu können, wie es ist. Freiheit gewähren, selber auch frei sein dürfen.
In dem Zusammenhang, ein Spruch von Karl Heinrich Waggerl:
“Es ist noch keiner glücklich geworden seiner Vorzüge wegen, eher seiner Schwächen und Fehler wegen, die zu haben, man ihm erlaubt“
Die Freiheit spielt eine ganz wesentliche Rolle. Was ist erzwungenes Glück oder aufgezwungenes Glück? Kein anderer Mensch sollte sich anmaßen über das Glück eines anderen Menschen zu bestimmen, damit nimmt er ihm die Chance wirklich Glück zu empfinden. Fremdbestimmtes Glück ist kein Glück, es ist aufgesetzt, übergestülpt. Es passiert, indem Eltern meinen, sie wüssten, was gut sei für ihre, meist schon erwachsenen, Kinder. Diktatoren meinen sie tun das Richtige für das Volk, ohne es zu fragen. Wann immer Mächtige den Ohnmächtigen gegenüber ihre Überlegenheit und Macht demonstrieren, geht es um Unfreiheit und diese macht definitiv unglücklich. Die Freiheit, über sein eigenes Leben zu bestimmen, macht glücklich. Selbst in der WHO-Deklaration zur Gesundheit wurde 1948, die freie Entscheidung hinzugefügt. Freiheit und Glück sind eng verbunden, ebenso Gesundheit und Glück, wie auch Liebe und Glück. Auch „die Liebe ist ein Kind der Freiheit“ so lautet ein bekannter Spruch.
Freiheit ist auch im Glauben zu finden, Gott hat uns die Freiheit gegeben zu wählen, zu wählen zwischen “gut und „böse“. Die daraus resultieren Konsequenzen haben wir zu tragen. Die „zehn Gebote“ sind gute Glücksratgeber. In der ursprünglichen Form hieß es nicht: „Du sollst nicht…“, es hieß: „Wenn du Gott liebst, dann wirst du…“, und nachdem Gott auch in uns wohnt, ein Teil von uns ist, so könnte man dies auch übersetzen mit: „Wenn es dir wohlergehen soll auf Erden, dann wirst du…“ Alle zehn Gebote stimmen überein mit humanistischen Regeln und Werten.
Doch das Größte bei allen Anstrengungen glücklich zu leben, ist immer noch und immer wieder „die Liebe“. Es ist die größte Herausforderung, unsere Aufgabe im Leben, lieben zu lernen. Im neuen Testament gibt es diesen wunderschönen Text, das „Hohelied der Liebe“, 1 Kor. 13, der uns sagt, was immer wir auch tun, was immer wir sagen oder beurteilen, ohne Liebe ist alles nichts. Wir sollten erkennen, dass es viel einfacher ist zu leben und glücklich zu sein, wenn wir lieben. Es ist einfacher mit negativen Gefühlen umzugehen oder mit einem schwierigen Schicksal. Vieles sorgt uns nicht mehr oder weniger, wenn wir lieben und uns geliebt fühlen.
Glücksmomente, kleine Dinge, z.B. eine aromatisch duftende, wohlschmeckenden Tasse Kaffee, eine Blume, Zeit nehmen für Kleinigkeiten, ein Blick, eine Umarmung, die vielen kleinen Glücke im Alltag machen oft das Glück aus. Freude, Vorfreude, Warten auf etwas, macht oft mehr Glück aus als das Genießen selbst, noch dazu eines das weit länger vorhält. Träume, Tagträume, fantasievolles Ausschmücken von Vergangenem, Gegenwärtigem, Zukünftigem. Dabei spinnen wir Stroh zu Gold.
Wie in so vielen Bereichen ist das wirklich „Große“ ganz einfach.
Musik, Kunst, Theater, Oper, Kino, Literatur bieten so viel Auseinandersetzung mit dem Leben. Es ist kaum möglich, sich darin nicht irgendwo auch selber zu finden oder zu sehen wie andere Menschen mit dem Glück oder Unglück umgegangen sind oder umgehen.
Eines sollte dabei nicht vergessen werden: Ohne Unglück zu erfahren, wird es schwer möglich sein, Glück zu erleben, weil die Kontrasterfahrung fehlt. Glück und Unglück bedingen einander. Ein erfülltes Leben ist gleichsam wie das Atmen zwischen den Polen des Negativen und des Positiven. Der Versuch der Moderne möglichst alles Negative auszuschalten, hat die Menschen nicht glücklicher gemacht. Hartnäckig fordert das Leben seine Polarität ein. Selbst Schmerzen, ob nun emotional oder körperlich, haben einen Sinn fürs Leben. Sie sind der Stachel, der uns immer wieder aufs Neue zum Nachdenken über das gesamte Leben nötigt.
Wir leben in Gegensätzen, kein Licht ohne Schatten, kein hell ohne dunkel, kein Tag ohne Nacht und leider auch keine Rose ohne Dornen. Diese Gegensätze machen unser Leben so schön und so spannend, oft so traurig, aber ganz oft auch sehr, sehr glücklich.